Sommerzeit abschaffen?

Nach der Umfrage der EU-Kommision: Was die Abschaffung der Zeitumstellung für das Rudern und die Freizeitgestaltung bedeuten würde.

Ein Kommentar von Arne Borsum – dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder

Hafen am Main-Donau-Kanal in Erlangen
Rudern in der Dämmerung – bald auch im Sommer?

Viele Bürger sind offenbar genervt von der zweimaligen Zeitumstellung im Jahr. In einer Online-Umfrage der EU-Kommision haben sich offenbar 80 % der Teilnehmer dafür ausgesprochen, die Zeitumstellung abzuschaffen und nur noch eine ganzjährige Standardzeit einzuführen. 4,6 Mio. Teilnehmer haben abgestimmt – ein Rekord.

Die Details der Umfrage sind noch nicht veröffentlicht, da sie noch auswertet werden. Es ist noch nicht klar, wie viele der besagten 80 % die Sommerzeit abschaffen wollen und wie viele sich für eine dauerhafte Einführung der Sommerzeit als neue Standardzeit aussprechen.

Dieser Artikel beleuchtet die Folgen einer Abschaffung der Sommerzeit für den Sport, insbesondere das Rudern.

Konsequenzen für den Sportbetrieb

Sportarten, die im Freien ausgeübt werden, sind natürlich stärker betroffen als andere. Bei uns Ruderern kommt erschwerend hinzu, dass wir auf Gewässern und Wasserstraßen unterwegs sind. Nach Einbruch der Dunkelheit ist kein Ruderbetrieb möglich bzw. erlaubt.

Betrachten wir die Ruderzeiten in unserem Verein:

Zur Sonnenwende am 21. Juni geht die Sonne bei Sommerzeit bei uns in Erlangen um 21:26 Uhr unter.  Bei Abschaffung der Sommerzeit wäre es dann erst 20:26 (dafür würde es bereits um 4:09 Uhr hell). Unser Rudertermin am Montag beginnt um 18:30. Man hätte also gerade genügend Zeit, bis Sonnenuntergang am Steg zurück zu sein. Aber schon wenig früher oder später im Jahr wird es problematisch: Ende August wäre bereits um 19:00 Uhr Schluss mit Rudern. Wir müssten also unsere Ruderzeiten praktisch in der gesamten Sommersaison um eine Stunde vorverlegen.

Im Frühjahr und Herbst würde es für uns gänzlich unpraktikabel. Durch die Sommerzeit können wir ab April mit unseren regulären Zeiten in die Saison starten. Aber im September und Oktober müssen wir unsere Ruderzeiten bereits trotz Sommerzeit schrittweise vorverlegen, denn es wird mit dem Tageslicht bereits jetzt schon knapp.

Bei Abschaffung der Sommerzeit müssten wir dann noch früher am Nachmittag beginnen. Schon am 30. September wäre der Sonnenuntergang um 17:57 Uhr. Wir müssten bereits ab 16 Uhr mit dem Ruderbetrieb beginnen. Das wäre für viele Berufstätige nicht zu schaffen. Auch für die Jugend ist es nicht immer einfach, schon früher zu starten. Zum einen sind viele Schüler durch Ganztagsschule etc. gebunden. Zum andern sind viele der ehrenamtlichen Betreuer berufstätig und könnten ihre wertvolle Arbeit im Verein gegebenenfalls nicht mehr leisten.

Ab Oktober müssten wir den „abendlichen“ Ruderbetrieb also vermutlich einstellen. Ist er derzeit wenigstens noch unter Einschränkungen möglich, wäre wäre es ohne Sommerzeit zum Sonnenuntergang am 15. Oktober 17:25 Uhr. Am 27. Oktober, dem Datum der diesjährigen Zeitumstellung fände der Sonnenuntergang um 17:02 statt.

Anders ausgedrückt: Bei Sommerzeit geht die Sonne Ende Oktober gegen 18 Uhr unter. Diesen Punkt würden wir bei Standardzeit (also „ständiger Winterzeit“) bereits Ende September, also einen Monat früher erreichen.

Zwischenfazit: Eine Abschaffung der Sommerzeit würde für den Ruderbetrieb, viele andere Sportarten und andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung gravierende Einschränkungen mit sich führen.

Als Alternative wird die Einführung der jetzigen Sommerzeit als neue Standardzeit angeführt. Für den abendlichen Sportbetrieb scheint das auf den ersten Blick eine attraktive Lösung zu sein. Aber zuende gedacht ist das vielleicht noch nicht.

Nur soviel: Dann wendet sich das Problem auf den Morgen. Ende Dezember fände der Sonnenaufgang bei uns um 9:10 Uhr statt, in der niedersächsischen Stadt Emden um 9:46 Uhr. Am westlichsten Punkt Spaniens würde es erst um 10:07 (!) hell. Eine länderübergreifende Regelung im bisherigen Raum der Mitteleuropäischen Zeit wäre schwer durchsetzbar. Es könnte in Folge Zeitunterschiede zwischen mehr Ländern der EU geben, als bisher. Kein unmittelbares Problem des Sports, aber ist das wirklich erstrebenswert?

Was wird und sollte passieren?

Die Umfrage ist erstmal nicht verbindlich. Die EU-Kommsion betont, dass es sich um kein Referendum handelt. Es sollte ein Meinungsbild ermittelt werden. Man sollte sich darüber im klaren sein, dass an Umfragen tendentiell vermehrt Menschen teilnehmen, die sich an etwas stören. Auch wurde in den Medien berichtet, dass ein überproportionaler Teil der Teilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum stammt. Die Umfrage ist also nicht wirklich repräsentativ für die gesamte EU und auch nicht so gedacht. Vielmehr ist die Umfrage als Teil einer Bewertung zu verstehen.

Trotzdem machen erste deutsche Politker nun bereits unreflektiert Druck auf die EU-Kommision, aktiv zu werden und die Zeitumstellung abzuschaffen. EU-Kommisionspräsident Juncker interpretiert das Ergebnis der Umfrage als eindeutigen Auftrag an die EU-Kommision.

Es ist nun wichtig, die Auswertung der EU-Kommision abzuwarten. Es sollte im Interesse der Sportverbände liegen, weiterhin über die Nachteile aufzuklären.

Es gab zur Umfrage entsprechende Statements der Verbände und auch gegenüber der EU-Kommission wurden diese mitgeteilt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) äußert sich so:

Um das aktuelle Sportangebot mit seinen vielfältigen Effekten für die Gesellschaft und den Einzelnen gewährleisten zu können, spricht sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) für das Beibehalten der aktuellen Sommerzeitregelung aus. Sollte es doch zu einer Veränderung kommen, ist aus Sicht des Sports nur eine dauerhafte Sommerzeit tragbar, um das bestehende Sportangebot zu bewahren.

Der Deutsche Ruderverband schreibt:

Der DRV hat sich im Rahmen der Consultation der EU für einen Erhalt der Sommerzeit stark gemacht, um dem mehrheitlichen Wunsch nach abendlichen Ruderbetrieb in der freien Natur zu ermöglichen. Können wir derzeit noch die langen hellen Sommerabende in Frühjahr und Herbst zur Ausübung unseres Sportes nutzen, würde uns mit der „geklauten“ Stunde sehr viel weniger Zeit auf dem Wasser zur Verfügung stehen.

Auch weitere Verbände wie der Deutsche Tennisbund und der Deutsche Golfverband haben ähnlich Stellung bezogen.

Die Sportverbände sollten sich weiterhin verstärkt gegenüber der EU-Kommision für die Interessen ihrere Mitglieder einsetzen. Ebenso
wichtig ist, dass die Sportverbände in Ihrer Öffentlichkeitsarbeit auf die Nachteile hinweisen, so dass auch in der öffentlichen
Wahrnehmung die Konsequenzen mehr wahrgenommen werden.

Denn in der Berichterstattung während und nach der Umfrage ist vor allem von den Nachteilen der Zeitumstellung zu lesen. Als meist einziges Pro-Argument wird in den meisten Berichten die vermeintliche Energieeinsparung entgegengehalten. Man könnte daher unterstellen, dass sich viele Teilnehmer der Folgen für ihre persönliche Freizeitgestaltung nicht bewusst waren. Die Interessenvertreter des Sports sollten gegenüber den Medien die notwendige Aufklärungsarbeit leisten.

Quellen und Lesehinweise: